Feuerwehr-Chef hört auf
Jürgen Wirth gibt sein Amt ab / 18 Jahre an der Spitze
Am 3. September 2003 vermeldete der Anzeiger: „Wirth führt Feuerwehr“. Zunächst hatte der damals 45-Jährige, der zu diesem Zeitpunkt bereits seit 30 Jahren als Feuerwehrmann aktiv war, den Chef-Posten kommissarisch übernommen. Sein Vorgänger Günter Kock war kurz zuvor zum Kreisbrandmeister ernannt worden. Am 21. Dezember 2021, 18 Jahre und 109 Tage später, will Wirth sein Amt als Leiter der Feuerwehr abgeben.
In Summe 27 Führungsausfgaben
„Wenn man alles zusammenrechnet hatte ich 27 Führungsaufgaben“, bilanziert er. Sechs Jahre lang war er unter anderem als Bezirksbrandmeister der ranghöchste Feuerwehrmann im gesamten Regierungsbezirk. Was für viele, die ihn nicht seit Beginn seiner Laufbahn kennen, eine Überraschung sein dürfte: Wirth ist gar kein gebürtiger Soester. Seine Feuerwehrkarriere begann 1973 im Alter von 15 Jahren mit dem Eintritt in die Jugendfeuerwehr in Lohfelden bei Kassel. Bei der Bundeswehr - zunächst als Wehrpflichtiger, dann als Zeitsoldat - wurde er in Echtrop stationiert. „Dann bin ich in Soest hängen geblieben“, berichtet er. Als Feuerwehrmann arbeitete er sich in Soest von einer Führungsposition zur nächsten, ehe er zum Wehrführer berufen wurde und diese Position bis heute bekleidet. Doch in rund einem halben Jahr ist damit Schluss. „Ich glaube schon, dass das eine große Umstellung werden wird. Aber irgendwann ist genug“, unterstreicht er. Für ihn sei es an der Zeit: „Ich merke jetzt schon, dass die jungen Leute etwas anders ticken. Bevor ich mich an so einer Stelle festhalte, sollen die jungen Leute ihre Ziele umsetzen. Theoretisch könnte ich bis zum Alter von 67 Jahren machen. Aber das will ich auf keinen Fall.“ Die eigentliche Arbeit der Feuerwehr, die Einsätze, seien im Laufe der Jahre nicht schwieriger geworden. „Es ist vielmehr das Drumherum, das schwieriger wird. In einer Feuerwehr mit 280 Feuerwehrleuten läuft es nicht immer konfliktfrei. Es wird alles kritisch gesehen, jede Entscheidung muss transparent werden - man muss mittlerweile immer erklären, warum man etwas macht und warum man etwas nicht macht. Manche fühlen sich bei manchen Entscheidungen zurecht nicht mitgenommen. Aber man kann nicht für 280 Leute eine Entscheidung begründen.“
Auch mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung im Feuerwehralltag seien „die jungen Leute in einer anderen Welt unterwegs“. Als Wirths Stellvertreter Christoph Blume am vergangenen Wochenende in der Stadthalle in seinem Amt bestätigt wurde, betonte Wirth: „Ich bin froh, dass Christoph eine solche Affinität zur modernen Technik hat. Immer wenn es in den Bereich der IT-Technik geht, muss ich mich verabschieden. Ich habe auch ehrlich gesagt keinen Bock mehr, mich in meinem Alter mit solchen Dingen auseinanderzusetzen.“ Grundsätzlich lobte er die dreiköpfige Spitze der Feuerwehr Soest, zu der neben Wirth und Blume auch Hinrich von Hinten zählt: „Wir sind ein gutes Team gewesen. Ein Handwerker der auf dem Boden bleibt und ab und zu auch an mir zieht, wenn es zu weit nach oben geht (Hinrich von Hinten, Anm. d. Red). Einer, der Verständnis für neue Kommunikationstechnik hat (Blume, Anm. d. Red) und einer mit ganz vielen Ideen, die sich teilweise umsetzen lassen, aber auch teilweise nicht (Wirth, Anm. d. Red.).“
Vorfreude auf die Freiheiten
Wirth ist sich sicher, dass es auch nach ihm „eine gute Entwicklung“ in der Feuerwehr Soest geben wird. Er freut sich vor allem auf die Freiheiten, die er als Wehrführer a.D haben wird: „Ich denke mir heute schon manchmal: Jetzt ist das Wetter schön und du könntest raus. Aber du hast heute noch Wehrführer-Sitzung“, schildert er. Doch wenn der Funkmelder zum Einsatz ruft, wird Jürgen Wirth auch nach dem 21. Dezember mit Blaulicht zum Einsatz eilen. Dann aber nicht mehr im Audi des Führungsdienstes, sondern zusammen mit seinen Kameraden - egal, ob auf dem Löschfahrzeug, dem Rüstwagen oder dem Einsatzleitwagen. „Ich werde erst einmal als normaler Feuerwehrmann weitermachen“, verspricht er. Denn er hat ein klares Ziel vor Augen: „Ich möchte die 50 Jahre im Feuerwehrdienst vollmachen.“ An den Eintritt in die „Feuerwehr-Rente“ ist also frühestens 2023 zu denken. Unklar ist, ob er als „normaler Feuerwehrmann“ noch einmal unter Atemschutz in ein brennendes Haus laufen wird: „Das schauen wir dann mal..“
Text + Bild: Daniel Schröder (Soester Anzeiger)